Bulletin 4/2025, «Eine Zukunft für wessen Vergangenheit?»
Eine Zukunft für wessen Vergangenheit?
«Eine Zukunft für unsere Vergangenheit», forderte das Europäische Denkmalschutzjahr 1975. Zum 50-Jahre-Jubiläum fragten eine Reihe von Veranstaltungen, Ausstellungen und eine Tagung, wie die Denkmalpflege inklusiver, das Kulturerbe vielstimmiger werden kann. In diesem Bulletin blickt Silke Langenberg mit Sebastian Steiner zurück auf die gemeinsame Tagung von ICOMOS Suisse, ETH, EPFL und Netzwerk Kulturerbe Schweiz. Die Diskussion um einen erweiterten Denkmalbegriff ist eröffnet und soll mit dem Jubiläumsjahr nicht zu Ende sein.
Einen Einblick in die Vielfalt der Tagungsbeiträge geben die fünf verschiedenen Perspektiven in diesem Bulletin. Laura Hindelang und Nina Hüppi haben nach der Sichtbarkeit von Frauen in den Inventaren der Denkmalpflege gefragt. Eva Carlevaro und Domenico Ermanno Roberti zeigen die Festung von Bellinzona als Ort, an dem Geschichte ständig neu verhandelt wird. Ekaterina Nozhova beleuchtet ein 60-jähriges Wohnprovisorium mitten in der Stadt Zürich. Marc Tadorian geht den subkulturellen und vergänglichen Orten des Graffitis nach. Matthias Fischer und Klaudia Fryckowska führen uns auf dem «Weg der Vielfalt» durch die Stadt St. Gallen.
Ausführlichere Fassungen, vereint mit allen anderen Tagungsbeiträgen, werden später in der «Schriftenreihe zur Kulturgüter-Erhaltung» erscheinen.
Daniel Bernet, Redaktor Bulletin Kulturerbe Schweiz
Schwerpunkt
«Wir verstehen die Tagung als Anfang»
Die Tagung «A future for whose past?» erforschte neue Ansätze für eine inklusivere Denkmalpflege und vertiefte den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Im Gespräch ziehen Silke Langenberg, Professorin an der ETH Zürich, und Dr. Sebastian Steiner, Geschäftsführer des Netzwerk Kulturerbe Schweiz, eine erste Bilanz.
Durch die Brille der Inventare
Wie sichtbar sind Frauen in den Inventaren der Bau- und Gartendenkmalpflege in der Schweiz? Eine nationale Erhebung der Universität Bern legt erstmals den Fokus auf die Dokumentation von Frauen als Akteurinnen im baukulturellen Erbe. Denn es gilt: Ohne Dokumentation keine Sichtbarkeit, ohne Sichtbarkeit kein Schutz.
Sotto assedio
I luoghi del patrimonio culturale sono spazi in cui la Storia viene continuamente negoziata, poiché vi si stabilisce quali narrazioni meritino di essere preservate e quali, invece, vengano marginalizzate. La fortezza di Bellinzona rappresenta un caso emblematico di tale dinamica.
Leben auf acht Quadratmetern
Als Wohnstätte für minderjährige Lehrlinge erbaut, zeugen die Junggesellenheime der SBB in Zürich von prekären Lebens- und Arbeitsbedingungen und gemeinschaftlichem Wohnen auf Zeit. Das Provisorium von 1965 war als pragmatische Antwort auf soziale Bedürfnisse gedacht und blieb bis heute erhalten.
Lieux mort-vivants du graff en Suisse
Expression de la culture urbaine globale et de la transgression, la pratique du graff interroge la possibilité de patrimonialiser ses lieux emblématiques. La reconnaissance populaire et institutionnelle croissante soulève un ensemble d’enjeux complexes.
Für eine Vielfalt des kulturellen Erbes
Wie kann die Denkmalpflege der gesellschaftlichen Vielfalt, dem Kulturerbe der «Anderen», der Minderheiten oder der Menschen ohne Lobby gerechter werden? Mit einem «Weg der Vielfalt» hat die Stadt St. Gallen den Diskurs um Denkmalwerte und die Sammlung bedeutsamer Orte erweitert.